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Ein Zentrum des Segelflugs

Roisdorf und die Luftfahrt

Für viele dürfte es überraschend sein, dass Bornheim und hier speziell der Ortsteil Roisdorf eine bereits über achtzig Jahre alte Geschichte in Bezug auf das Fliegen vorweisen kann.

Diese Verbindung beginnt Anfang der dreißiger Jahre. Fast sechzig Jahre wird durch den Luftsportverein Vorgebirge e.V. das Segelfliegen erlebbar. Vor drei Jahren erfolgte der Beitritt zum Luftsportverein Bonn Rhein-Sieg e.V. Mit dem Vereinsnamen Rhein-Sieg ist auch hier noch Bornheim im Luftsport vertreten.

Eine unmittelbarer Beweis für die Tradition ist das historische Segelflugzeug Doppelraab V, D-5436, das von 1954-1955 u.a. in Bornheim-Roisdorf gebaut wurde und heute noch flugfähig ist.

Der Beginn

Der Schulgleiter "Grüne Post", Eigenbau der Segelflugschule Roisdorf, auf dem Gelände der Lasurfabrik Dederichs - heute Penny-Markt

Die Gebrüder Theo, Gerhard und Georg Schaden aus Bornheim-Roisdorf zeigten Ende der zwanziger Jahre im Alter von 16-23 Jahren reges Interesse an der Fliegerei. So gründete man 1930 die „Flugfreunde Roisdorf". Als „Gruppe Roisdorf" war man dann dem Niederrheinischen Verein für Luftschifffahrt, Sektion Bonn e.V. angeschlossen. Es folgten Besuche bei Luftfahrtausstellungen in Bonn sowie auf dem Flugplatz Bonn-Hangelar. Zur Vorbereitung und zum Sammeln von Erfahrungen wurden Motor-und Gleitflugmodelle gebaut.

Für die praktische Schulung wurde als erstes eigenes Flugzeug, der einfache Schulgleiter, genannt „Zögling" im Rohbau erworben

Die „Grüne Post"

Der Segelfluggleiter "Grüne Post" der Segelfluggruppe Roisdorf, Neusser Straße/ Ecke Friedrichsstraße (vor dem Elternhaus der Gebrüder Schaden)

Bereits 1932 bot sich die Möglichkeit, ein flugtechnisch verbessertes Segelflugzeug zu erhalten. Durch die Berliner Tageszeitung die „Grüne Post" aus dem Ullstein Verlag (erschien überregional und war Deutschlands erstes Wochenblatt), wurden Baupläne zum Selbstbau eines Segelflugzeuges anboten. Dieser Flugzeugtyp, benannt nach der Zeitung „Grüne Post" gehörte schon zu den verbesserten Schulgleitern. Der Eigenbau erfolgte in den Jahren 1933-35 in Bornheim-Roisdorf in der Lasurfabrik Dederichs (Bonner Straße am Bahnhof Roisdorf). War dann der Schriftzug „Grüne Post" auf das Segelflugzeug gemalt, bekam man vom Ullstein Verlag eine Prämie für den flugtüchtigen Bau. Die Fertigstellung des Schulgleiters „Zögling" sowie der „Grünen Post" stellte die Gruppe allerdings vor finanzielle Probleme. Zur Sammlung von Spenden fand am 06. August 1933 im Saal von Josef Schlösser in Roisdorf eine Ausstellung des Rohbaus der „Grünen Post" sowie Segelflugmodellen statt. Der Reinerlös betrug 28,35 RM. Zuvor wurden durch den Freiherr von Diergardt 50,00 RM gespendet. Für die Qualität des Rohbaus (aus Holz) erhielten die Roisdorfer eine offizelle Belobigung.

Der nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gegründete „Deutsche Luftsportverband" ließ die Sportfliegerei allerdings unter noch Staatlicher Führung zu. So beantragten die Mitglieder der „Gruppe Roisdorf" zehn Tage nach der Ausstellung die Aufnahme in die Untergruppe 8 Bonn des DLV. Die offizielle Bezeichnung lautete nun „Segelfluggruppe Roisdorf im DLV, Landesgruppe Rheinland, Untergruppe Bonn e.V."

Nach der Fertigstellung beider Segelfluggleiter erfolgte die Taufe am 12.05.1935 in Bornheim durch den Amtsbürgermeister, Paul Henter. Der Segelfluggleiter „Zögling" wurde auf Wunsch des Taufpaten Frh. von Diergardt auf dem Namen „Manfred von Richthofen" und die „Grüne Post" auf den Namen „Günther Grönhoff", einem damals sehr bekannten und 1932 tödlich verunglückten Segelflieger getauft.

Geflogen wurde auf dem Rodderberg bei Rolandseck. Gestartet wurde mittels eines von Hand ausgezogenen Gummiseiles von der Hangkuppe aus in Richtung Tal. Um dort hin zu kommen wurde das Segelflugzeug zerlegt auf einem Anhänger mittels Auto dort hingebracht. Wer nicht mehr in das Auto passte, fuhr mit dem Fahrrad von Roisdorf zum Rodderberg. Ein weiteres

Fluggelände lag in der Eifel bei Nöthen in Nähe von Bad Münstereifel. Mit der Gleichschaltung durch das NSFK (Nationalsozialistisches Fliegerkorps) ab 1937, war diese „Staatliche Vereinsfliegerei" allerdings beendet und die Flugzeuge wurden zwangsweise verstaatlicht. Die grüne Post wurde vermutlich 1939 durch einen schweren Landeschaden stark beschädigt und nicht mehr aufgebaut. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges im September1939 endete dieser „Staatliche Luftsport" endgültig.

Nach 1945

Roisdorfer Luftsportfreunde mit Modellflugzeugen, 1952

Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte man, sich mit dem Bau von Modellflugzeugen den Traum vom Fliegen zu erhalten. Bis zur Zulassung des Segelfluges im April 1951 hatten sich einige Fluginteressierte aus dem Vorgebirge zusammengefunden. Kern dieser Gruppe waren wieder die Gebrüder Schaden. Dies war die Grundlage für die Gründung des Luftsportverein Vorgebirge e.V. am 02.11.1951 in Bornheim-Roisdorf in der Matratzenfabrik Rohrscheid in der Friedrichstraße (heute Bedachungen Assenmacher).

Aufgrund einer Initiative der vier Flugvereine auf dem Flugplatz Bonn-Hangelar (u.a. der Luftsportverein Vorgebirge e.V.) wurden von 1951 bis 1952 gemeinsam vier Schulgleiter des Typs SG 38 gebaut. Dieses nur einsitzige Schulflugzeug war aber nur der erste Schritt, da diese Flüge (jetzt auf dem Flugplatz Bonn-Hangelar) oft nur Sekunden dauerten und der Fluglehrer vom Boden aus die Anweisungen lautstark geben muss-te. So war dem Verein bereits im Jahr 1953 bewusst, dass zur weiteren Entwicklung ein doppelsitziges Schulflugzeug benötigt wurde, indem der Schüler und Lehrer gemeinsam fliegen konnten. Dies würde die Schulung sicherer machen und damit auch erheblich verbessern. Insbesondere durch den damaligen 1. Vorsitzenden Hans Hoff wurde dieses Ziel verfolgt.

Das handwerkliche Geschick und die bereits vorhandene Erfahrung der Mitglieder im Bau von Flugzeugen war die Voraussetzung für den Kauf des Bausatzes. Für den Preis von 2.500,- DM wurde der Bausatz des Doppelraab erworben und im Februar 1954 geliefert. Flugfertig hätte der Doppelraab 5.000,00 DM gekostet.

Das Schulungsflugzeug Doppelraab, „Mösch"

Rohbau der "Mösch" (Spatz), (Foto: © AlbertSchaden)

Zu Anfang der fünfziger Jahre war ein neues Flugzeug kaum finanzierbar. Eine günstigere Möglichkeit bot der Münchener Gewerbeoberlehrer Fritz Raab. Er konstruierte 1951 den Segelflugzeugtyp Doppelraab als einfaches doppelsitziges Schul-u. Übungsflugzeug. Diese vereinfachte Konstruktion aus Holz mit einem Rumpfvorderteil aus Stahl bot die Möglichkeit, den Doppelraab u.a. als Bausatz zu erwerben und selber zu bauen.

Gebaut wurde in Bornheim-Roisdorf u.a. in der Kfz-Werkstatt der Fa. Gremmer (heute Fa. Reuter), die einen Raum kostenlos zur Verfügung stellte. Da der Raum im weiteren Verlauf der Arbeiten von der Fa. Gremmer benötigt wurde, fanden alle weiteren Arbeiten in einem Werkstattraum der Familie Clemens in der Friedrichstraße in Bornheim statt. Damit der Bau des Doppelraab möglichst nicht zu lange dauerte, trafen sich meistens 4- 5 Vereinsmitgliederzweimal abends in er Woche und an einem Tag am Wochenende.

So konnte nach 1 a/> Jahren Bauzeit und ca. 1.700 Std. Arbeit der Doppelraab fertiggestellt werden. Für die besondere Qualität der Baus wurde vom Deutschen Aeroclub sogar eine Prämie gezahlt.

Taufe der "Mösch", 1955

Der Erstflug erfolgte am 21. August 1955 im Rahmen eines Flugtages auf einem Stoppelfeld bei Bornheim-Sechtem. Getauft wurde der Doppelraab vom damaligen Amtsbürgermeister Hubert Schäfer auf den Rheinischen Namen „Mösch" (Spatz). Aufgrund seiner Erfahrung wurde dem damals im Vorgebirge sehr bekannten Flieger Georg (Schorsch) Gierlich die Ehre zuteil, die ersten drei Flüge zu machen.

Für die nächsten Jahre leistete die „Mosch" nun wertvolle Dienste bei der Ausbildung von Flugschülern („Fußgängern") zu selbstständigen und allein fliegenden Piloten. Bis zum Ende der fünfziger Jahre existierten bereits sehr viel bessere und leistungsfähigere Segelflugzeuge. In Verbindung mit der auch wirtschaftlich verbesserten Situation, entstand der Wunsch nach einem neuen Flugzeug. Konkret wurde dies mit dem Kauf eines neuen Doppelsitzers, Typ Ka 7 der Fa. Schleicher für 7.500,00 DM im Jahr 1957. Mit dem neuen Flugzeug wurde der Doppelraab noch bis zum Frühjahr 1962 im Flugbetrieb genutzt und dann an den Luftsportverein Hürth verkauft, mit dem der Luftsportverein Vorgebirge kooperierte. Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Doppelraab wie ein Wanderpokal weitergereicht. Zwischenzeitlich wurden dem technischen Fortschritt entsprechend immer wieder neue Segelflugzeuge angeschafft. Aufgrund der Bedeutung als erstes selbst gebautes Flugzeug nach dem Krieg, verlor sich für die Mitglieder des Luftsportvereins bis in die siebziger Jahre nie so ganz die Spur über dessen Verbleib. Zwischenzeitlich war es aber still geworden um die „Mosch". So endete die Reise 1987 in der hinteren Ecke des Hangars der Heini-Dittmar Flugsportgruppe auf dem Militärflugplatz Nörvenich. Bereits seit einigen Jahren nicht mehr geflogen, drohte nun das Aus als Brennholz für ein abendliches Lagerfeuer.

Glücklicherweise erfuhr Albert Schaden vom Luftsportverein Vorgebirge e.V. davon. Schnell wurden sich drei Vereinsmitglieder, u.a. auch einer der Vereinsgründer einig, daß sich dieses Flugzeug nicht in Rauch und Asche auflösen durfte. Mit Unterstützung des Vereins im Rahmen der Werkstatt- u. Jugendarbeit, wurde der Doppelraab mit einem Aufwand von 1.500 Arbeitsstunden grundüberholt. Der „zweite Erstflug" fand am 16.06.1990 statt. Hervorzuheben ist dabei die maßgebliche Initiative und Arbeit von Albert Schaden als gelernter Flugzeugbauer. Sein Vater gehörte ja bereits zu den Vereinsgründern und den Erbauern der Doppelraab in den fünfziger Jahren. So entstand eine hervorragende Restauration, die 22 Jahre nach dem „zweiten Erstflug" und nach einer Gesamtflugzeit fast 1.000 Stunden und über 6.500 Starts kaum an Qualität verloren hat.

Der Luftsportverein Vorgebirge e.V. hat insgesamt von 1952 bis 2010 mit seinen Segelflugzeugen über 17.000 Stunden in der Luft verbracht und dabei eine Gesamtflugstrecke erflogen die ausreichen würde um die Erde 40 Mal zu umrunden. Um den Bezug zu Bornheim zu erhalten, fanden die Vereinsversammlungen in der Regel immer in der Gaststätte „Zur gemütlichen Ecke" in Roisdorf statt.

Heute

Für den Luftsportverein Vorgebirge e.V. begann 2007 durch die Kündigung des Pachtvertrags für das Grundstück auf dem Flugplatz Bonn-Hangelar eine existenzielle Krise. Die eigene Flugzeughalle mit der Werkstatt musste 2008 abgerissen werden. Die finanziellen Möglichkeiten ließen den Bau einer neuen Halle nicht zu. Um aber weiter Fliegen zu können, führte dies im Jahr 2010 zu den Entschluss, dem Luftsportverein Bonn Rhein-Sieg e.V. beizutreten. So wird weiter Luftsport mit acht Segelflugzeugen einem Motorsegler und einem Motorflugzeug betrieben.

Der Doppelraab wird durch Andreas Röttgen und Albert Schaden weiter flugfähig erhalten. Und mit der Vereinsmitgliedschaft bei dem Luftsportverein Bonn Rhein-Siege.V. besteht auch weiterhin die Verbindung zum Vorgebirge.

Text: Andreas Röttgen/ Luftsportverein Bonn Rhein-Sieg e.V.