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Gang zu den Sieben Fußfällen Kleppern an den Kartagen Der Kreuzweg am Lindenberg Via Crucis

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Gang zu de Sieben Fußfällen

Eine althergebrachte Frömmigkeitsform wurde wiederbelebt

Jesus fällt unter dem Kreuz, Holzschnitt aus dem Gebetbuch der Walberberger „Bruderschaft der Tod-Angst unsers am heiligen Kreuze sterbenden Heilandes Jesu Christi und seiner schmerzhaften Mutter Mariä zur Erhaltung eines seligen Sterbestündleins" von 1680

Allenfalls noch vom Hörensagen bekannt war in den 1990er Jahren in Roisdorf ein Brauch, der bis etwa zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts als fester Bestandteil des kirchlichen Brauchtums der Orte des Vorgebirges gelten konnte: der "Gang zu den Sieben Fußfällen“.

Diese älteste Form des Kreuzwegs – von Jerusalempilgern im späten Mittelalter ins Rheinland vermittelt – stellte einen Bittgang durch die Dorfstraßen oder die Flur dar, wobei an sieben Wegekreuzen, Kapellen oder Heiligenhäuschen, den sogenannten „Fußfällen“, jeweils einer Station des Leidensweges Christi in Jerusalem betend gedacht wurde.

Als Ausgangspunkt dienten legendenhafte Ausschmückungen der biblischen Passionsberichte, bei denen ein siebenmaliges Hinfallen Christi von der Gefangennahme bis zur Kreuzigung im Mittelpunkt stand. Seit dem späten 15. Jahrhundert sind bildliche Darstellungen der sieben Fußfälle Christi bekannt.

Sieben Fußfälle Christi, Einblattholzschnitt in der Albertina Wien, Nürnberg 1490-1500

Der Namen des Bittgangs entspricht aber auch der Gewohnheit, sich an den einzelnen Stationen mit beiden Knien gleichzeitig zu Boden fallen zu lassen. Die sieben Stationen wurden dabei mit den sieben Hauptkirchen der Stadt Rom in Verbindung gebracht, in denen sich in der Karwoche der päpstliche Stationsgottesdienst vollzieht, woraus sich auch der mancherorts übliche Begriff „Römerfahrt“ herleitet. Man kann im heute üblichen Kreuzweggebet mit seinen 14 Stationen eine Verdopplung der sieben Stationen der Fußfälle bzw. der Römerfahrt sehen.

Gang zu den Sieben Fußfällen in Bornheim, 1960er Jahre, Foto: Stadtarchiv Bornheim

Vor allem als Sterbebrauch war der Gang zu den Sieben Fußfälle verbreitet: Meist beteten auf diese Weise sieben Mädchen aus der Nachbarschaft vor einem Begräbnis für das ewige Heil des im Sterbehaus aufgebahrten, „auf dem Schoof“ liegenden Verstorbenen. Natürlich wurde unterwegs der Schmerzhafte Rosenkranz gebetet, aber auch vor jeder Station ein Vaterunser. An den Kreuzen gedachte man des Erlöserleidens Christi mit dem bis heute in unserer Heimat gebräuchlichen Fünf-Wunden-Gebet, weshalb auf den Wegekreuzen des Vorgebirges oft plastische Darstellungen der Wunden Christi zu sehen sind. Nach dem Bittgang gab es für die Beter als verdienten Lohn Kaffee und Kuchen im Trauerhaus. Dennoch waren die Sieben Fußfälle nicht nur ein Totengebet: Besonders an den Freitagen der Fastenzeit wurden sie gegangen. Noch für den Beginn des 20. Jahrhunderts sind sie etwa in unseren Nachbardörfern Brenig und Bornheim als Flurprozessionen am Palmsonntag bezeugt.

Der zurückgelegte Weg war naturgemäß von Dorf zu Dorf verschieden, bisweilen ging er vom Sterbehaus, bisweilen von einem bestimmten Heiligenhäuschen aus. In Roisdorf war dies stets das Kapellchen der Mutter Gottes zum Guten Rat, dem sog. Maria-Hilf-Kapellchen, an der Ecke des Friedhofs an der Bonner Straße, das den letzten Überrest des ehemals dort befindlichen Siechenhauses bildet. In einigen Orten errichtete man eigene Stationenhäuschen, in denen die Szenen der Leidensgeschichte bildlich dargestellt waren. Die Themen der Stationen variierten von Ort zu Ort, doch war, anders als beim Kreuzweggebet, jedes Mal das Gebet Jesu am Ölberg der Ausgangspunkt. Es konnten z.B. die Szenen der Dornenkrönung folgen, oder auch die des wiederholten Falls Jesu unter dem Kreuz, der Begegnung Jesu mit seiner Mutter sowie der Aufrichtung des Kreuzes.

Kapellchen der Mutter Gottes zum Guten Rat am Roisdorfer Friedhof, 1950er Jahre, Foto: Stadtarchiv Bornheim

In Gielsdorf etwa haben sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts gestiftete Fußfälle als Stationshäuschen mit Reliefdarstellungen der Leidensgeschichte bis heute erhalten. Dort war es auch, wo der Brauch des Gangs zu den Sieben Fußfälle vor einigen Jahren im Geiste einer erneuten Wertschätzung kirchlichen Brauchtums wiederbelebt wurde. Diesem Beispiel folgend lud in der Fastenzeit des Jahres 2000 der Liturgieausschuss des Roisdorfer Pfarrgemeinderats auf Anregung der Heimatfreunde Roisdorf dazu ein, erstmals nach vielen Jahrzehnten wieder in der Form eines Bittgangs durch das Dorf ziehen und des die menschliche Schuld sühnenden Leidens Christi zu gedenken sowie dem Herrn das Leid der Menschen des Dorfes anzuempfehlen. Ca. 30 Gemeindemitglieder beteiligten sich an dem Gang, der traditionsgemäß am Marienkapellchen des Friedhofs begann und mit der Anbetung des Allerheiligsten in der Turmkapelle endete.

Bald wurde der "Gang zu den Sieben Fußfällen" wieder zu einem festen Bestandteil des kirchlichen Brauchtums in Roisdorf und auch im Nachbarort Brenig findet inzwischen wieder die traditionelle "Römerfahrt" an Palmsonntag statt.

Segnung des neuen Fußfallkreuzes 5. April 2006

Beim 2006 abgehaltenen "Gang zu den Sieben Fußfällen" stand ein besonderes Ereignis an: Dort, wo bisher die sechste Station gemacht, des Todes des Heilands am Kreuz gedacht wurde, nämlich am Gartenausgang des Seniorenhauses St. Josef, auf dem Weg "Auf der "Lüste", fehlte bislang ein eigenes Fußfallkreuz. Man behalf sich stets mit einem jeweils provisorisch aufgestellten Vortragekreuz. Nun aber konnte dort von Diakon Adi Halbach ein neues steinernes Fußfallkreuz gesegnet werden. Es war von Steinmetz Thielen aus Bornheim aus Säulenteilen ehemaligen Roisdorfer Pfarrkirche St. Sebastian gestaltet worden, die man beim Abbruch 1980 aus dem Bauschutt gerettet hatte und die seither einer würdigen neuen Verwendung harrten. Die Säule wird nun gekrönt von einem ebenfalls mehr als 100-jährigen ehemaligen Grabkreuz, das für die jetzige Aufstellung bearbeitet und mit der Aufschrift "IN CRUCE SALUS - MMVI", also "Im Kreuz ist Heil - 2006", versehen wurde. Die Initiative zu der Errichtung des neuen Fußfallkreuzes ging von den Heimatfreunden Roisdorf aus, freundliche Sponsoren aus dem Ort trugen zu seiner Finanzierung bei.

Inzwischen hat sich die schöne Tradition des "Gangs zu den Sieben Fußfällen" in Roisdorf weiter verfestigt, und so ist zu hoffen, dass sie zum Wohl Roisdorfs und seiner Bewohner auch bei kommenden Generationen lebendig bleiben wird.

Der Gang zu den Sieben Fußfällen findet jeweils am Dienstag vor der Karwoche ab 18.00 Uhr statt, ausgehend von der Pfarrkirche St. Sebastian, Roisdorf

Die Fußfallstationen:

1. Kapelle im Kirchturm (Jesus im Garten Gethsemani)
2. Kreuzweg am Lindenberg (Jesus wird mit Dornen gekrönt)
3. Kreuz Berliner Str./ Schussgasse (Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern)
4. Kreuz in der Held (Jesus begegnet seiner Mutter)
5. Kreuz Ecke Schussgasse/ Brunnenstr. (Jesus fällt unter dem Kreuz)
6. Kreuz auf der Lüste (Jesus stirbt am Kreuz)
7. Pfarrkirche St. Sebastian (Jesus auf dem Schoß seiner Mutter)

Der Gang wird sicherlich 1 bis 1 1/2 Stunden Zeit in Anspruch nehmen. Es ist natürlich allen, denen dies zu anstrengend ist, möglich, sich der Gruppe der Betenden nur für die eine oder andere Fußfallstation anzuschließen. Im Anschluss an den Bußgang lädt der Liturgiekreis zu einer kleinen Stärkung ins Pfarrheim St. Clara.

Hier die Texte der Sieben Fußfälle als pdf-Datei [1.634 KB]