Über uns Geschichte Brauchtum Vorgebirge Mundart Sitemap Intern Dateschutzerklärung
Startseite Brauchtum Fastenzeit und Karwoche Via Crucis

Brauchtum


Feste und Feiern im Jahreskreis Karneval in Roisdorf Der Mai, der Mai, der lustige Mai ... Fastenzeit und Karwoche Kräutersegnung an Mariä Himmelfahrt Roisdorfer Großkirmes St. Martin in Roisdorf Advent und Weihnachten in Roisdorf Kinderspiele in Roisdorf 1939 bis 1948

Gang zu den Sieben Fußfällen Kleppern an den Kartagen Der Kreuzweg am Lindenberg Via Crucis

Impressum Kontakt

Via Crucis

Vergessene Kreuzwegstationen laden erneut zur Betrachtung ein

Der Engel verkündet die Auferstehung, Stickerei von Renate Esper

Mit der Ausstellung "Via Crucis" konnten vor einigen Jahren die Heimatfreunde Roisdorf und die Kolpingsfamilie Roisdorf im Pfarrheim St. Clara aktuelle und historische Kreuzwegstationen aus unserem Heimatort präsentieren. Zum einen handelte es sich dabei um Abbildungen der Stationsbilder, die von unserer damaligen Küsterin, Frau Renate Esper, entworfen und in kunstvoller Handarbeit gestickt worden waren, und die sich im Seitenschiff der Pfarrkirche befinden.

Jesus stirbt am Kreuz, Holzschnitt von Ruth Schaumann (1899-1975)

Zum anderen zeigte man die Originale der damals wieder aufgefundenen, von der renommierten Münchner Künstlerin Ruth Schaumann geschaffenen kolorierten Holzschnitte, mit denen in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg die Stationen des ersten provisorischen Kreuzwegs den Roisdorfer Lindenberg hinauf ausgestattet worden waren. Im Jahre 1962 hatte man diese Stationen durch die von Bildhauers Aloys Wyrobek geschaffenen Basaltstelen ersetzt.

Besuch des St. Nikolaus in der alten Pfarrkirche St. Sebastian, ca. 1950, im Hintergrund einige der alten Kreuzwegstationen

Von einem weiteren, dem ältesten Roisdorfer Kreuzweg, konnten damals nur einige Fotos gezeigt werden: Es handelt sich um die Kreuzwegstationen der ersten, im Jahre 1980 abgebrochenen Roisdorfer Pfarrkirche, die als verschollen galten.

Entstanden waren diese Kreuzwegstationen, wie eine alte Inventarliste ausweist, im Jahre 1889 in der Beueler Malerwerkstatt Waldhoff, die auch die Figuren des damaligen Hochaltars von St. Sebastian farbig gefasst hatte. Der Name des ausführenden Künstlers bleibt in der Inventarliste ungenannt. Die Stationen gehörten somit zur Grundausstattung der 1876 fertig gestellten und 1892 geweihten Pfarrkirche. Mit passend zur Kirchenarchitektur und zu den Altären in neuromanischem Stil gestalteten Rahmen versehen hingen sie an den Wänden der beiden Seitenschiffe und ermöglichten es somit, den Kreuzweg in der Kirche als Prozessionsweg abzugehen.

Kreuzwegstationen in der alten Pfarrkirche St. Sebastian, ca. 1955

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man sie bei Umgestaltungen des Kircheninneren aus ihren als altmodisch empfundenen Rahmen und hängte sie zu Gruppen zusammengestellt und mit schlichten Holzleisten versehen, wieder auf. Im Jahre 1969 wurden sie dann – wenig behutsam – abmoniert. Sie sollten wohl nach erfolgter Renovierung der Kirche wieder angebracht werden, doch kam es bekanntlich nicht hierzu, sondern zum Abriss und zum Neubau der Kirche an anderer Stelle, so dass die nun entbehrlich gewordenen Kreuzwegstationen irgendwo abgestellt wurden.

Säubern der Stationen

Lange Zeit galten die Kreuzwegstationen als verschollen, doch waren sie aufbewahrt worden: Sie lagerten schließlich auf dem Dachboden über der Garage des Pfarrhauses, von wo sie Ende Januar 2010 auf Initiative des Liturgieausschusses heruntergeholt wurden. Zwar waren sie verstaubt und angestoßen, doch bis auf einige Tafeln, an denen Farbe abgeplatzt war, hatten sie die jahrzehntelange unsachgemäße Lagerung auf dem Dachboden recht gut überstanden.

Fotografieren der Stationen bei Schneetreiben

Die großformatigen Kupfertafeln zeigen die einzelnen Szenen der Passion Christi – von der Verurteilung über die Kreuzigung bis zur Grablegung – jeweils in streng komponierten und fein gemalten Figurengruppen, wobei der goldglänzende, ornamentierte Hintergrund die auf wenige Personen reduzierten Szenen gleichsam ikonenhaft erscheinen läßt. Zwar sind Christus und die übrigen Personen detailreich und in den Gewändern ihrer Zeit abgebildet, doch vermeidet die Darstellung jede Dramatik oder gar Drastik des Geschehens: Lediglich aus der Herzwunde des Kreuz hängenden Jesus rinnen einige Tropfen Blut. Kein Gesicht ist hass- oder schmerzverzerrt, kein Mund zur Klage geöffnet, alle Beteiligten erscheinen vielmehr still und ernst, mitfühlend und trauernd in sich gekehrt. Die Szenen bieten somit weniger die Erzählung des historischen Ablaufs der Passion als vielmehr eine überzeitliche Betrachtung des Heilsgeschehens. Sie laden eindringlich zur Versenkung im Gebet ein.

In der österlichen Bußzeit 2010 und 2011 konnte unsere Gemeinde nun den Kreuzwegstationen wieder bzw. neu begegnen. Jede Woche wurde nämlich eine andere von ihnen in unserer Kirche dort aufgestellt, wo in der Advents- und Weihnachtszeit die Krippe zu sehen ist. Die einzelnen Szenen alten Kreuzwegs sollten es erneut ermöglichen, sich betrachtend und betend auf die Feier von Passion und Auferstehung in der Karwoche und an Ostern vorzubereiten. Entsprechende Meditationstexte, die auch jeweils in den Hl. Messen nach der Kommunion verlesen wurden, konnten hierbei Anleitung geben.

Was weiterhin mit den alten Stationen geschehen wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Natürlich können sie nicht in der heutigen Pfarrkirche aufgehängt werden, in deren Seitenschiff der von Renate Esper gestickte Kreuzweg mit seinen modernen Formen dem Charakter des Raumes weit mehr entspricht. Auch wäre die aufwändige Restaurierung der Tafeln wohl kaum zu finanzieren. Aber auf jeden Fall gilt es, eine Lagerung zu finden, die weiteren Verfall verhindert und es ermöglicht, sie auch künftig, so wie es in dieser Fastenzeit geschehen wird, für besondere liturgische und außerliturgische Zwecke zu nutzen.