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Wie spricht man Roisdorf korrekt aus? Teil 1: Von den Anfängen bis ins späte Mittelalter Teil 2: Von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jh. Teil 3: 20. Jahrhundert bis heute Kurze Geschichte in Reimform Die erste urkundliche Erwähnung Roisdorf unterm Hakenkreuz Roisdorf in der Bundesrepublik Deutschland

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Teil 2: Von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jh.

Wolfsburg

Haupthaus der Wolfsburg, 1990er Jahre

Eine dritte Roisdorfer Burganlage bildete die Wolfsburg, eine Wasserburg, die ursprünglich einem inzwischen wüstgefallenen Dörfchen namens Grippekoven benachbart war. Ihre Anfänge als im Besitz der Familie von Metternich befindlicher "Brucher Hof" sind bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. An die Familie der Wolff von Bergheimerdorf, auf die sich ihr Name bezieht, kam die Wolfsburg um 1595. Im Jahre 1626 erhielt das aus Backsteinen errichtete Haupthaus im wesentlichen seine heutige Gestalt als rheinische Wasserburg der Spätrenaissance mit geschweiften Treppengiebeln. 1721 fiel der adlige Rittersitz durch Erbfolge an den Bornheimer Burgherren Johann Jacob von Walbott-Bassenheim, der alsbald barocke Umgestaltungen des Haupthauses und eine völlige Erneuerung der Vorburg veranlasste. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging die Burg in bürgerliche Hände über und diente zeitweise als beliebtes Ausflugslokal, später wurde sie rein landwirtschaftlich genutzt.

Sieches

Maria-Hilf-Kapellchen, 1930er Jahre

An Roisdorf vorbei führte der „Heerweg“, Teil der vielbefahrenen Handelsstraße von Bonn nach der Kaiserstadt Aachen. An dieser Straße lag ein mittelalterliches oder frühneuzeitliches Sieches, also ein Gehöft, in dem Aussätzige, von der Seuche der Lepra befallene Personen, sog. Siechen, ihr Leben fristeten. Die heutige Roisdorfer Siegesstraße lässt sich so als „Straße, die vom Dorf zum Siechenhaus hinführt“ deuten. Als Erinnerung an das Roisdorfer Sieches kann das Maria-Hilf-Kapellchen beim Friedhof an der Bonner Straße gelten, das eine Kapelle ersetzt, die wohl ehemals den Siechenpatronen St. Sebastianus und St. Rochus geweiht war und noch heute einen Opferstock enthält, der in den ehemals milde Gaben für die Siechen geworfen werden konnten.

Sebastianuskapelle

Plan der Sebastianuskapelle, 1770er Jahre

Bestrebungen zum Bau einer eigenen Roisdorfer Kirche werden seit der Mitte des 18. Jhs. fassbar. Vor dem Bau waren starke jedoch Widerstände des Alfterer Pfarrers zu überwinden, der befürchtete, es könne sich in Roisdorf eine eigene Pfarrgemeinde etablieren. Eine kleine, einschiffige Kirche wurde an der Kreuzung der Brunnenstraße, der Siegesstraße, des zum Oberdorf führenden Hohlwegs Lindenberg und des nach Bornheim führenden Siefenfeldchens erbaut. Ihre feierliche Einsegnung zu Ehren des hl. Sebastianus erfolgte 1773 mit der Auflage, dass die Kapelle dem gemeinschaftlichen Rosenkranzgebet dienen solle und nur an Werktagen hier die Hl. Messe gelesen werden dürfe, doch wurde im Laufe der Zeit diese Bestimmung immer weniger beachtet.

Bürgermeisterei Waldorf/ Bornheim

Ausschnitt aus der Tranchot-Karte, Anfang des 19. Jahrhunderts

Das Ende, das die 1794 hereinbrechenden Revolutionstruppen der kurfürstlichen Herrschaft bereiteten, die damit beginnende französische Herrschaft am Rhein und die Übernahme der Lande am Rhein durch das Königreich Preußen im Jahre 1815, bedeuteten für Roisdorf und das gesamte Vorgebirge einen wesentlichen Umbruch, der einherging mit der fortschreitenden Industrialisierung des Rheinlands und den sich daraus ergebenden sozialen Veränderungen. Roisdorf wurde für immer von Alfter getrennt, als man zwischen den beiden Dörfern die Grenze der Departements de la Roer und Rhin-et-Moselle zog. Während Alfter der Mairie Oedekoven zugeschlagen wurde, gehörte Roisdorf ab dem Jahre 1800 zur Mairie de Waldorf, in Preußischer Zeit zur Bürgermeisterei Waldorf, die bald ständig von Bornheim aus verwaltet wurde und 1927 zum „Amt Bornheim“ werden sollte.

Wirtschaft

ehem. Clarenhof, 1960er Jahre

Auch die Besitzverhältnisse änderten sich um 1800 entscheidend, da der gesamte Besitz der Kirchen und Klöster, mithin ein Großteil der Ländereien in Roisdorf, enteignet und meistbietend versteigert wurde. Waren die Roisdorfer Bauern bis dahin meist Pächter ihrer Höfe gewesen, so erwarben eine von ihnen die Höfe nun zu eigen. Als Beispiel sei der Clarenhof genannt, dessen letzter Pächter ihn von der Französischen Domänenverwaltung erwarb. Andere Roisdorfer verblieben im Stand von Knechten und Tagelöhnern, suchten sich Arbeit im sich entwickelnden Gewerbe der nahen Städten. Mancher betrieb eine eigene kleine Landwirtschaft oder betrieb Sandgräberei, d.h. förderte und verkaufte den auf den Höhen oberhalb des Dorfes vorkommenden weißen Quarzsand. Letzteres Gewerbe trug den Roisdorfern im 19. Jh. sogar den Ruf einer gewissen Wohlhabenheit ein.

Weinbau

letzte Weinlese, 1901

Langsam, aber stetig verschwand im Verlauf des 19. Jhs. der bislang dominierende Weinbau aus Roisdorf und dem Vorgebirge. Grund hierfür war vor allem eine gezielte Politik der preußischen Behörden, hier statt des verzichtbaren Weinbaus den Obst- und Gemüseanbau zu fördern. Dies geschah im Hinblick auf die sich rasch entwickelnden Städte an Rhein und Ruhr bzw. deren steigenden Bedarf an frischen Lebensmitteln. Aufgrund der besonderen Qualität der Böden und des geschützten Klimas wurden Kulturen von besonders feinen Obst- und Gemüsearten, wie Erdbeeren und Spargel, zur besonderen Spezialität des Vorgebirges, ebenso widmete man sich später verstärkt der Blumenzucht.

Eisenbahnen

Ehemaliger Bahnhof der Bonn-Cölner Eisenbahn, 1960er Jahre

Entscheidenden Anteil am Verschwinden des Weinbaus und der Kultivierung von Obst und Gemüse hatten aber auch die sich verbesserten Verkehrsbedingungen, die es ermöglichten, die Ware frisch zu verfrachten. Bereits in den 30er Jahren des 19. Jhs. gab es im Rheinland private Bestrebungen, Eisenbahnlinien zu errichten. 1844 eröffnete die „Bonn-Cölner Eisenbahngesellschaft“ eine Strecke mit Roisdorf als einem ihrer Haltepunkte. Das Roisdorfer Stationsgebäude galt als der schönste an der Strecke. 1880 wurde die Eisenbahngesellschaft verstaatlicht. Roisdorf sollte 1897 zudem an die privat betriebene, parallel laufende Vorgebirgsstrecke der „Cöln-Bonner-Kreisbahnen“ angeschlossen werden.

Kurbad Roisdorf

Mineralbrunnen, Anfang 1840er Jahre

Die Platzierung des Roisdorfer Bahnhofs an das Ende der bereits bestehenden Brunnenallee zwischen Mineralbrunnen und Bonner Straße erfolgte im Zusammenhang mit Plänen, in Roisdorf ein Kurbad zu errichten, zu dem man per Eisenbahn anreisen sollte. Gegen Ende des 18. Jhs. hatte man die heilkräftige Wirkung des Roisdorfer Mineralbrunnens wiederentdeckt und ein Versand des in Krügen abgefüllten Brunnenwassers in alle Welt war angelaufen. Gerhard von Carnap, Pächter des den Alfterer Fürsten gehörenden Brunnens, legte in den 1840er Jahren einen Kurpark an und errichtete ein Kurhaus. Die Wolfsburg wurde als Ausflugslokal für Erholungssuchende aus Bonn und Köln eingerichtet, Konzerte und auch Pferderennen wurden dort abgehalten. Prominente Besucher der Wolfsburg zu dieser Zeit waren Ernst Moritz Arndt und der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm (IV.). Finanzielle Schwierigkeiten ließen jedoch die Kurortpläne bald scheitern, auch ein neuer Versuch schlug fehl, so dass man sich ab 1876 auf die erfolgreiche Förderung und den Versand des Roisdorfer Mineralwassers beschränkte.

Blieb der Brunnen auch bei wechselnden Pächtern und Nutzungskonzepten Eigentum der Fürsten von Salm-Reifferscheid-Dyck so änderte dies sich 1971 mit dem Verkauf an die "Artus-Mineralquellen GmbH & Co KG Bad Hönningen", die 1996 von der "Vereinten Mineral- und Heilquellen GmbH" in Rosbach übernommen wurde. Nach zunächst erfreulicher Entwicklung und dann einer Reihe von Jahren wirtschaftlichen Niedergangs bedeutete im Frühjahr 2008 die neue Selbstständigkeit des Brunnens als „Roisdorfer Mineralquellen GmbH & Co. KG“ einen hoffnungsvollen Neuanfang.

Repräsentative Wohnsitze

Haus Wittgenstein, 1950er Jahre

Auch wenn sich kein Kurleben entwickeln konnte, so blieben das romantische Roisdorf im 19. Jh. doch beliebter Ort für Sommer- und Altersruhesitze begüterter Städter, die sich hier ländliche Villen erbauten. Es ist das auf den Grundmauern der alten Metternicher Burg von Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner im Auftrag des Kölner Geschäftsmanns Heinrich von Wittgenstein ab 1845 errichtete spätklassizistische Haus Wittgenstein nennen, ebenso das nach 1872 von Wilhelm Graf Mörner in den Formen französischer Schlösser des 17. Jhs. errichtete Haus oder die klassizistische „Villa Anna“ des lothringischen Eisenwerksbesitzers Zilliken.

Fabrik Gammersbach

Lederwarenfabrik, ca. 1920

Die Zukunft Roisdorfs sollte jedoch nicht, oder nicht allein, in der Landwirtschaft und dem Tourismus liegen, sondern auch im Gewerbe und der Industrie. Die Anbindung an das Eisenbahnnetz bot der Ansiedlung von Betrieben dieser Art eine gute Grundlage. So etablierte sich 1851 nach dem Scheitern der Kurortpläne in der Nähe des Bahnhofs eine Ledergerberei, die "Militair-Effekten-Fabrik" des Franz Wilhelm Gammersbach. Man produzierte im erst wenige Jahre alten Kurhaus und überbaute auch den prächtigen Kurpark mit den Fabrikanlagen.

Schule

ehem. Schulhaus 1960er Jahre

Für die ca. 100 schulfähigen Roisdorfer Kinder wurde im Jahre 1817, also kurz nach dem Übergang der Rheinlande an Preußen, eine eigene Dorfschule eingerichtet. Nachdem der Unterricht zunächst provisorisch in einer ehemaligen Töpferei für Roisdorfer Mineralwasserkrüge erteilt worden war, konnte Lehrer Hilger Thiesen im Jahre 1836 in ein neuerrichtetes Schulhaus in der Brunnenstraße, ein dorthin transloziertes ehemaliges Gesindehaus der Wolfsburg, einziehen. Das Schulgebäude musste angesichts des raschen Bevölkerungswachstums 1865 und 1900 durch Erweiterungsbauten ergänzt werden. Es sollte 1962 aufgegeben werden, als die Roisdorfer Grundschule das heutige Gebäude in der Friedrichstraße bezog.

Kirche und Pfarrgemeinde

Kirche und Pastorat, 1950er Jahre

Angesichts des raschen Anwachsens Bevölkerung wurde in der Mitte des 19. Jhs. die Sebastianuskapelle zu klein, kam zudem der Wunsch nach einer von Alfter unabhängigen Roisdorfer Pfarrei auf. Es war allein die Eigeninitiative der Einwohner Roisdorfs, welche die Grundlagen für die Pfarr- und Kirchenerrichtung schuf. Den Plan für den Neubau einer Pfarrkirche lieferte der Kölner Baumeister Heinrich Nagelschmidt, einer der bedeutendsten Architekten der rheinischen Neuromanik. Unglücklicherweise geriet der Kirchenbau in die Wirren des Kulturkampfes. Die Roisdorfer trotzten jedoch allen Bauverboten und errichteten ihre Kirche ganz aus eigenen Mitteln und mit viel Eigenleistung in Form des Ziegelbrennens. 1876 wurde das Schiff der St. Sebastianuskirche geweiht, dem 20 Jahre später die die von dem Bonner Kreisbaumeister Johann Adam Rüppel entworfene mächtige Dreiturmanlage vorgesetzt werden sollte. 1891 erreichte man die Erhebung der bisherigen Filialgemeinde zur Pfarrgemeinde. Die benachbarte Sebastianuskapelle war nun überflüssig geworden und wurde 1888 abgebrochen.

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